Das Solarboot von König Cheops
Was ist ein Solarboot?
Ein Solarboot ist eines der vielen Begräbniselemente, die den Pharao nach ägyptischer Spiritualität in seinem Leben nach seinem Tod begleiten sollen.
In der Vorstellung des alten Ägypten, während des alten Reiches, stammte alles, was lebte, aus einem Urmeer. Nach dem Tod kehrt das, was wir "seine Seele" nennen würden, in diesen Urozean zurück. Während des alten Reiches glaubte man jedoch, dass nur der Pharao die Fähigkeit hatte, sich ihm anzuschließen. Er sollte dann die anderen Toten führen. Sein leitender Status beruhte auf der Tatsache, dass der Pharao als von göttlicher Essenz angesehen wurde.
Bei einer solchen Sicht der Dinge war es notwendig, der Seele des verstorbenen Pharaos so gut wie möglich zu helfen, den Urozean zu finden. Dafür wurde sie mit einem Boot begraben, das in ihrer zukünftigen Welt den Nil hinauf zu diesem Ozean fahren sollte.
Das Solarboot von König Cheops
Das berühmteste Boot Solarboot ist das von König Cheops (Khufu), der während der 4. Dynastie im 28. Jahrhundert v. Chr. lebte. Es war dieser Pharao, der einen Bestattungskomplex errichtete, der von den größten Pyramiden Ägyptens beherrscht wird.
Das Cheops-Schiff, auch Khufu-Schiff genannt, ist mit 43,6 Metern Länge und 6 Metern Breite das älteste, grösste und am besten erhaltene Schiff der Antike. Im Vergleich dazu: Das berühmte, in Oslo ausgestellte Wikingerschiff aus dem 10. Jahrhundert n. Chr. ist nur 22 Meter lang. Das ägyptische Schiff gilt als Meisterwerk der Schiffsbaukunst und wäre noch heute funktionstüchtig. Gebaut wurde es zum größten Teil aus poliertem Zedernholz aus Libanon, nur kleinere Teile bestehen aus lokalen Hölzern wie Akazie, Platane und Hopfenbuche. Kein einziger Metallnagel, lediglich ein paar wenige Holznägel sorgen für den Zusammenhalt. Alle Planken werden mit Tauen zusammengehalten.
Der elegant geschwungene Schiffskörper wölbt sich an Heck und Bug 7 Meter in die Höhe und endet an beiden Seiten in Form eines aufgebogenen Papyrusstengels. Auf dem Deck stehen eine grosse, geschlossene Kabine für den Pharao und ein kleiner Baldachin, wohl für den Kapitän. Fünf grosse Ruderpaare, das längste misst 8,5 Meter, sowie zwei Steuerruder am Heck dienten zum Manövrieren. Die Barke hat einen flachen Boden und einen Tiefgang von nur 1,5 Metern. Dass sie tatsächlich einmal ins Wasser gelassen worden war, sollen Analysen des Holzes und der Taue aus den fünfziger Jahren beweisen. Sie sind heute aber umstritten.
Was die antike Zimmermannsarbeit betrifft, so war das Handwerk in der ägyptologischen Forschung der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kaum ein Thema, weshalb dazu keine Informationen existieren. Jedoch weiss man, dass vor 4500 Jahren in Ägypten noch kein Eisen existierte und erst wenig Bronze verwendet wurde. Die wichtigsten Werkzeuge bestanden vermutlich aus Kupfer und Stein, wobei der scharfe Silex, ein Silikatgestein, bevorzugt wurde.
Damals, im Mai des Jahres 1954, als der ägyptische Archäologe Kamal al-Mallakh den Südfuss der Cheops-Pyramide, der grössten in Gizeh, freilegte, hatten sich Schutt und Wüstensand seit Jahrtausenden zu einer meterhohen Halde angesammelt. Unter den Ablagerungen fand der Archäologe Reste der Umfassungsmauer der Pyramide. Und unter dieser Mauer stiess er auf zwei rund 30 Meter lange und knapp 3 Meter breite, in den Felsen eingehauene Gruben, die mit je 41 riesigen Steinblöcken versiegelt waren. Über den Blöcken lag eine dicke Mörtelschicht und verschloss jede Ritze zwischen den Steinen.
Die Behörden beschlossen, die östliche Kammer zu öffnen. Die Überraschung war groß: In der Grube lagen insgesamt 1224 Teile einer sorgfältig zerlegten Holzbarke. Das Schiff war komplett auseinandergenommen und die Teile waren, gruppiert in 651 Pakete, ordentlich eingeschichtet worden. Geflochtene Matten aus Halfa-Gras lagen herum, ebenso gebündelte Seile aus demselben Material. Die Umfassungsmauer hatte beide Gruben nicht nur vor neugierigen Blicken verborgen und damit vor Plünderungen geschützt, sondern auch das Innere so luftdicht abgeschlossen, dass kein Zersetzungsprozess in Gang kommen konnte.
4500 Jahre waren die demontierten Schiffsteile perfekt erhalten geblieben. Die Archäologen waren im Jahr 1954 die Ersten, die sie wieder in die Hand nahmen. Die Montage sollte sich allerdings als langwierige und schwierige Puzzlearbeit herausstellen. Fünf Versuche mit massstabsgetreuen Kleinmodellen brauchte Chefrestaurator Ahmed Yussef Mustafa, zehn Jahre dauerte schliesslich der Aufbau. Erst rund 30 Jahre später konnte das originale, nun neugeborene Königsschiff der Öffentlichkeit in seiner ganzen Pracht, verblüffenden Eleganz und Ästhetik präsentiert werden.
Dieses Boot ist jetzt als Ganzes im ihm gewidmeten Museum zu sehen. Es ist ein großer Raum, der sich direkt über der Baugrube befindet. Es ist das einzige moderne Gebäude in unmittelbarer Nähe der Pyramide. Sein klares Design und seine Farbe, die mit der Pyramide identisch ist, machen es zu einem Gebäude, das sich gut in die Landschaft einfügt.
Sie können das Bootsmuseum bei Ihrem Tagesausflug zu den Pyramiden besichtigen und dieses einzigartige Vermächtnis einer der ältesten Kulturen der Welt bestaunen. Verpassen Sie es nicht!